"MORGEN"
Dezember 2021
Ich setze meine Brille auf, die links neben meinem Bett auf der Kommode auf mich wartet. Ich habe sie am Abend davor dorthin gelegt. Ich steige aus dem Bett und laufe durch den Raum, öffne meine Zimmertür und laufe barfuß durch den Flur.
Ich betrete die Küche, mache das Licht an, nehme den pinkfarbenen Flöten- kessel vom Herd, befülle ihn am Wasserhahn in meiner Spüle mit Wasser. Ich öffne dafür nicht den festsitzenden Deckel sondern lasse das Wasser durch die Ausgusstülle einfließen. Der Kessel ist in meiner rechten Hand, mit der linken drehe ich den Wasserhahn auf und wieder zu.
Ich stelle den Kessel auf den Induktionsherd mit Glaskeramikoberfläche, auf das rechte obere Feld. Es piept vier mal, wenn ich mit meinem rechten Zeigefinger das Touch-Feld bediene: Anschalten; das rechte obere Feld auswählen; einmal aufs Minus, um von Stufe 0 direkt auf Stufe 9 zu wechseln; einmal aufs Plus um von Stufe 9 auf P für Power zu wechseln. Der Induktionsherd beginnt zu summen und brummen.
Auf der Küchenarbeitsplatte links neben der Spüle stehen drei identische Teekannen á 0,8 Liter. Sie erwarten mich jeden Morgen in meiner Küche; sie sind leer, enthalten aber noch das Teegut vom Vortag. Während das Wasser zum Kochen kommt, leere und spüle ich die Kannen aus. Ich halte die Kanne in der linken Hand und drehe mit der rechten den Deckel auf. Ich entnehme den Filter und schlage ihn mit der Kante sanft an den Rand des Restmüllbehälters. Das Teegut löst sich und fällt in die Kunststofftüte. Ich leere alle drei Kannen nacheinander und trage sie dann zurück zur Spüle: zwei Kannen in der linken und eine in der rechten Hand. Ich stelle die zwei Kannen links neben die Spüle. Mit der linken Hand drehe ich das kalte Wasser auf und spüle die Kanne, die ich noch in meiner rechten Hand halte mitsamt Filter und Deckel aus. Ich stelle die Kanne und den Filter kopfüber zum Trocknen auf die Ablage neben der Spüle; den Deckel lege ich daneben. Die zweite Kanne wird ebenso ausgespült und zum Trocknen abgestellt. Die beiden Kannen bleiben dabei räumlich getrennt; Filter und Deckel bleiben immer bei der selben Kanne und werden nicht getauscht.
Die dritte Kanne stelle ich nicht zum Trocknen auf. Nach dem Abspülen setze ich den Filter ein, den Deckel lasse ich lose. Ich drehe mit der linken Hand den Wasserhahn wieder zu. Mit dem rechten Daumen halte ich den Deckel fest und kippe mit einem kleinen Schwung das restliche Wasser aus. Diese dritte, nun ausgespülte und ausreichend trockene Kanne nehme ich mit mir wenige Schritte nach links.
Im offenen Wandregal stehen meine Teedosen: es sind zehn verschiedene Sorten, alle vom selben Fabrikat, jeweils zwei der Dosen aus Metall stehen übereinander. Ich entscheide mich für einen Tee und nehme die entsprechende Dose aus dem Regal, zusammen mit einem metallenem Teemaß. Ich halte die Dose in der linken Hand und nehme mit der rechten den ersten, äußeren Deckel ab. Der zweite, innere Deckel sitzt sehr fest, ich nehme die Seite des Teemaßes zu Hilfe, um den Deckel aufzuhebeln. Ich entnehme mit dem Teemaß eine Einheit Tee und gebe ihn in den Teefilter, der in der Kanne sitzt. Ich setze den inneren Deckel wieder ein und schließe die Dose mit dem äußeren. Die Dose kommt zurück ins Regal, ebenso das Teemaß. Ich nehme die eben befüllte Kanne in meine rechte und den dazugehörigen Deckel in die linke Hand und gehe ein paar Schritte nach rechts. Ich stelle beides auf die Ablagefläche rechts neben den Herd.
Das Wasser im Wasserkessel kommt zum Kochen. Das Rauschen verändert sich; ich höre am Geräusch, wenn es fertig ist. Es piept einmal, wenn ich den Herd ausschalte. Mit der rechten Hand nehme ich den Kessel vom Herd. Bevor ich das kochende Wasser in die Kanne fülle, stelle ich mit der linken Hand die Stoppuhr ein. Sie ist an der Front des Backofens integriert. Ich drücke zweimal auf den unteren linken Knopf, um den Timer auszuwählen, dabei piept es zweimal. Mit dem rechten unteren Knopf wähle ich die Minuten, ich drücke sechs mal, es piept nicht. Mit dem erneuten Drücken auf den linken unteren Knopf startet mit einem Piep die Zeit. Gleichzeitig fülle ich jetzt das heiße Wasser in die Kanne ein.
Während die Zeit abläuft und der Tee zieht, gehe ich zurück in mein Zimmer. Ich ziehe den Vorhang auf und öffne das Fenster weit. Ich schlüpfe in meine Hausschuhe und mache mein Bett. Ich schüttele die Bettdecke und mein Kissen auf und lege meinen Quilt sorgfältig auf die untere Hälfte des Bettes. Ich mache einen Rundgang durch das Zimmer und den Rest der Wohnung und räume auf: Wäsche in den Wäschekorb, Schuhe ins Schuhregal, Gläser und Schokoladenverpackung in die Küche, und so weiter.
Nach einer Zeit habe ich das Gefühl, dass der Tee fertig sein müsste, und frage mich, ob der Timer kaputt ist. Ich gehe zurück in die Küche, der Timer zeigt eine Restzeit von zwölf Sekunden. Zufrieden stelle ich mich vor den Herd: die linke Hand am Timerknopf, um das bevorstehende Piepen zu verhindern; die rechte Hand am Teefilter, um ihn rechtzeitig zu drehen. Die Uhr zeigt 00:00, ich drücke und drehe. Der Tee ist fertig.
Ich öffne die Schiebetür des Küchenbuffets, nehme eine Teetasse heraus, und schließe die Tür wieder. Ich stelle sie neben die Kanne und gieße eine halbe Tasse ein. Ich nehme die Kanne in die rechte und die Tasse in die linke Hand. Bevor ich die Küche verlasse, betätige ich mit der Tasse den Lichtschalter. Ich gehe zurück in mein Zimmer und stelle die Kanne auf einen aus Sisal geflochtenen Untersetzer, der seinen dauerhaften Platz auf meinem Schreibtisch hat. Die halb gefüllte Tasse stelle ich daneben, auf einen Untersetzer aus lackiertem Beton mit Filzgleitern auf der Unterseite.
Ich schließe das Fenster.
Der Tag hat begonnen.
Ich schließe das Fenster.
Der Tag hat begonnen.